Geschichte




Nach Krieg und Aufteilung Berlins in vier Sektoren sowie Einzug der westalliierten Truppen am 1. Juli 1945 befand sich das Haus des Rundfunks im britischen Sektor. In diesem Haus hatte auch der Berliner Rundfunk zunächst noch seinen Sitz. Und erst 9. Juli 1952 verließen die letzten 42 Radiomitarbeiter:innen das Rundfunkhaus, das sechs Tage zuvor vom britischen Militär abgeriegelt wurde. Bis dahin hatte noch eine kleine Mannschaft den Sendebetrieb tatsächlich aufrecht erhalten. Auch wenn der endgültige Auszug des Berliner Rundfunks damit erst 1952 stattfand, waren bereits seit 1950 längst Teile der Produktions- und Sendetechnik samt der Musikarchivs nach Ostberlin verlagert worden.


Quelle: Beiträge zur Geschichte des Rundfunks | Fotoarchiv von Karl Metz

Zwischenzeitlich nutzte der staatlichen Rundfunk der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR dafür auch das Funkhaus in Grünau. Parallel dazu waren die damals Verantwortlichen aber längst auf der Suche nach einem auf Dauer geeignetem Objekt für ein neues Funkhaus im Ostteil Berlins gewesen. Fündig wurden sie letztendlich im Ortsteil Oberschöneweide in der Nalepastraße. Denn dort befand sich eine leerstehende Holzverarbeitungsfabrik, die um 1935 auf dem einstigen Gelände des Forsthauses "Neue Scheune" errichtet worden war und zu Kriegszeiten auch Munitionskisten baute. Diese Fabrik wurde innerhalb nur weniger Monate zu einem zentralen DDR-Rundfunkzentrum umfunktioniert und peu à peu weiter ausgebaut.

Aus dem damals umgebauten Verwaltungsgebäude mit Turmhaus wurde am 31. Dezember 1951 dann bereits die erste kurze DDR-Rundfunksendung "gefahren". Ihr sollten noch unzählig weitere folgen bis zur Abwicklung des DDR-Rundfunks am 31. Dezember 1991. Details:

Momentaufnahmen | 50er Jahre || HörTipp: ROTE INSEL 1945-1952 von Wolfgang Bauernfeind | Podcastquelle

In der "kleinen Stadt in der Stadt" waren insgesamt etwa 3500 Personen rund um die Uhr aktiv. Darunter tausende Mitarbeiter:innen in den Redaktionen der einzelnen Hörfunksender, den Abteilungen der Studiotechnik | Produktion, Funkdramaturgie, Hauptabteilung Musik sowie in Archiven inklusive derer, die in den Kantinen, Milchbar, Poliklinik, Sauna, den kleinen Buch- und HO-Lebensmittelladen, Sparkasse, Poststelle oder beim Friseur u. a. tätig waren | O-Ton*


DDR-Produktion- und Sendekomplex | 1. Juli 1970 | Foto: Heinz Peter Junge | CC-BY-SA 3.0

Für die Produktion und Beschaffung von Musik aller Genres, für den Austausch mit internationalen Rundfunkstationen sowie die Durchführung von Konzerten der rundfunkeigenen Klangkörper war im DDR-Rundfunk die Hauptabteilung Musik zuständig, die 1973 gegründet wurde. Ebenso gehörten zu dieser Abteilung zwei Sinfonieorchester, zwei Chöre, zwei Unterhaltungsorchester, drei Tanzorchester und zwei Kinderchöre sowie fünf Produktionsabteilungen. Darüber hinaus die Tonregie, das Musik- und Notenarchiv, die Instrumentenverwaltung, die Abteilung Internationaler Musikaustausch sowie eine EDV-Abteilung. Die Abteilungen Hörspiel, Feature, Internationale Funkdramatik, Unterhaltende Sendereihen, Hörspiele für Kinder, Sender/Regie und Produktion und Sendeleitung mit etwa 120 Mitarbeiter:innen befanden sich unter dem Dach der Hauptabteilung Funkdramatik. Weiterführende Weblinks hin zu Wikipediaeinträgen mit weiteren Details:



Hintergrundinformationen zu den 60er Jahren mit jeweils Dokumenten und Hörzitaten finden Sie auch auf den Seiten des Deutschen Rundfunkarchivs: Rundfunk der DDR im Jahr 1961 | Programm Berliner Rundfunk im August 1961




Das Buch "Zwischen Pop und Propaganda" von Klaus Arnold und Christoph Claasen bringt im Grunde sehr genau auf den Punkt, vor welcher kaum lösbaren Aufgabe Rundfunkjournalist:innen in der DDR überhaupt standen und welchem Dilemma sie sich täglich befanden. Denn einesteils hatten sie den ideologischen Vorgaben der SED-Spitze zu genügen und gleichzeitig aber sollten sie durch unterhaltsame Programme verhindern, dass die Hörerenden zu Westsendern abwanderten. Auch wenn ab der 70er des letzten Jahrhunderts zunehmend deren Wünsche bestimmten, was in Unterhaltungssendungen zur Ausstrahlung kam, änderte das nichts daran, dass das Informationsprogramm als solches nach wie vor strikt am Parteikurs und seinen Kampagnen ausgerichtet blieb.




Grundlage dafür, dass der Sendebetrieb des DDR-Rundfunks endgültig eingestellt wurde, war der Artikel 36 des Einigungsvertrages. Dadurch wurden tausende Mitarbeiter:innen, bis auf ganz wenige Ausnahmen, die das Glück hatten, in bestehende öffentlich-rechtliche Sendeanstalten übernommen zu werden, teils schon im Herbst des Jahres 1991 arbeitslos. Im Buch "Deutschland einig Rundfunkland?" ist in Teilen nachzuverfolgen, wie es besagtem Artikel 36 und wie es zum Ende der DDR-Medien überhaupt kam. | Ab der 99. Buchseite auch ein Beitrag von Christoph Singelnstein | 1990/1991 geschäftsführender Intendant des Rundfunks der DDR: "Radio in der Wende" sowie ein Beitrag von Ingrid Pietrzynski seinerzeit darüber:| "Wenn Sieger Geschichte schreiben"

Bereits als Mitautorin des genannten und 1999 erschienenen Buches "Deutschland einig Rundfunkland?", forschte Sylvia Dietl an der Universität Düsseldorf weiter, wie zu Beginn der 90er Jahre das westdeutsche Rundfunksystem auf Ostdeutschland übertragen wurde. Ein Fazit ihres 2022 erschienenen Fachbuches ist, dass die Interessen des westdeutschen Rundfunks den Rahmen für die Transformation des DDR-Rundfunks setzten. Die Stimmen ostdeutscher Reformer dagegen untergingen. Dass das tatsächlich so war, können leider davon direkt betroffene Zeitzeug:innen bis heute bestätigen.

Eines der umstrittensten Kapitel der deutschen Wiedervereinigung ist die Umgestaltung des Staatsrundfunks der DDR und seine Integration in das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Bundesrepublik vom Herbst 1989 bis Ende 1991.

Vor dem Hintergrund des Systemwechsels erfolgten gleichzeitig die Überleitung und Auflösung des DDR-Hörfunks und -Fernsehens sowie die Konstituierung einer gesamtdeutschen Rundfunkordnung. Dieser komplexe Abwicklungs- und Neuordnungsprozess erforderte grundlegende Entscheidungen und medienpolitische Weichenstellungen. Unter Berücksichtigung der politischen und normativen Rahmenbedingungen analysiert die Autorin, wer die gestaltenden Akteure in Ost- und Westdeutschland waren, welche unterschiedlichen Handlungsmotive und Ziele sie verfolgten und welche Handlungsoptionen und Konflikte vorlagen. Die Arbeit legt offen, auf welche Weise die Transformation des Rundfunksystems vollzogen wurde und wie das strukturelle Ergebnis der Rundfunkneuordnung in Ostdeutschland zustande kam." Siehe auch LeseTipps ...

Mit der DDR sollte auch ihr Rundfunksystem abgewickelt werden. Versuche, es selbst zu reformieren, gelangen nicht. Und so wurde ausgerechnet ein konservativer Bayer mit dem Neustart des Rundfunks in den neuen Bundesländern beauftragt. Dort galt er rasch als einer, der beliebte Sender und Programme rücksichtslos abschaltete - zugunsten der alten BRD-Sender. Doch traf das wirklich zu? Ein spannungsgeladenes Kapitel deutscher Rundfunkgeschichte begann, bei dem die verschiedensten politischen Interessen aufeinandertrafen: Sendeschluss oder Neustart? Vom Ende der DDR und der Neuordnung des Rundfunks | Radio-Feature von Thomas Gaevert | Weblink zum privaten Downloadangebot des Feature-Manuskripts

Erinnert sei an dieser Stelle auch an das Buch "Vom Fernsehen und Radio der DDR zur ARD" von Reiner Stein. Erschienen im Jahr 2000 wirft es Fragen danach auf, ob die "Abwicklung der Einrichtung" tatsächlich unausweichlich war oder einfach nur Chancen für Demokratie, Kultur und Identität vertan wurden. Derzeit noch mögliche LeseProben bei Weltbild oder Google books

Im Rückblick auf diese Zeit weitere Beiträge von Dagmar Weitbrecht. Sie sprach mit Christoph Singelnstein | Jörg Wagner | Dr. Peter Ulrich Weiß und Matthias Gehler.

Eine außergewöhnliche Chronik in Buchform belegt auf beeindruckende Weise jene die Bemühungen, den Hörfunk vom Oktober 1989 an bis Oktober 1990 von einem Staats- und Parteimedium in eine öffentlich-rechtliche Anstalt umzuwandeln.

Angesichts der Rasanz und Turbulenz der Ereignisse auf dem Weg zur deutschen Vereinigung und ihrer Auswirkungen auf die Medienlandschaft sind Einblicke in diese zeitlich kurzen Chronik wertvoller denn je. Auch wenn es ihre Aufgabe damals nicht war und sein konnte zu beurteilen, wer in diesen Monaten zu demokratischen Positionen fand, wer sich nicht von alten Strukturen trennen konnte oder wer sich als "Wendehals" betätigte. Vielmehr war das damalige Anliegen der über 600-seitigen Chronik, die Prozesse durch Fakten darzustellen, wesentliche Aktivitäten und Kräfte zu benennen und - auch in Abgrenzung zu früherer Rundfunkgeschichtsschreibung - die vielen Widersprüchlichkeiten transparent zu machen.

Inhaltsverzeichnis und Vorwort als PDF

Außerdem sei auf ein "Rundfunkhistorisches Gespräch"* mit Alfred Eichhorn, dem letzten Chefredakteur von Radio DDR | Radio aktuell, hingewiesen: "Es war atemlos". Oder auch auf einen Beitrag im Rückblick von Kai Ludwig zur vollständigen Auflösung von Rundfunk und Fernsehen der DDR. Noch einmal nachzulesen ist dieser im Textarchiv von "Radio-Kurier – weltweit hören® 1/2012": Vor 20 Jahren: Das Ende der "Einrichtung nach Artikel 36 des Einigungsvertrages" | Weiteres zum Thema unter der internen Website-Rubrik:






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* Minimaler Ausschnitt aus einem Gespräch, welches Christian Schubert einst während einer Führung mit Wolfhard Besser führte.